Definition und Grundprinzipien der beschränkten Ausschreibung
Die beschränkte Ausschreibung ist eine Verfahrensart bei nationalen, nicht europaweiten Ausschreibungen, bei der nur eine begrenzte Anzahl von Bieterinnen und Bietern zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Der Begriff "beschränkt" verdeutlicht bereits, dass nicht jedes Unternehmen am Vergabeverfahren teilnehmen kann, sondern der Kreis der potenziellen Auftragnehmer gezielt eingegrenzt wird. Dieses Verfahren dient dazu, den Vergabeprozess unter bestimmten Umständen zu optimieren, etwa wenn spezifische Fachkompetenzen erforderlich sind oder wenn Wertgrenzen die Anwendung dieses Verfahrens rechtfertigen.
Im deutschen Vergaberecht wird zwischen zwei Arten der beschränkten Ausschreibung unterschieden:
- Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb
- Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
Beide Verfahrensarten unterliegen spezifischen Regelungen und Voraussetzungen, die im Folgenden näher erläutert werden.
Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb
Verfahrensablauf
Die beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb ist ein zweistufiges Verfahren:
Erste Stufe: Öffentlicher Teilnahmewettbewerb
In dieser Phase fordert der Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf. Jedes interessierte Unternehmen kann einen Teilnahmeantrag einreichen, mit dem es die vom Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung seiner Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen übermittelt Diese öffentliche Aufforderung ermöglicht es dem Auftraggeber, geeignete Bewerber für die zweite Stufe zu ermitteln.
Zweite Stufe: Aufforderung zur Angebotsabgabe
Nach Prüfung der eingereichten Informationen fordert der Auftraggeber nur diejenigen Unternehmen zur Angebotsabgabe auf, die als geeignet bewertet wurden. Der Auftraggeber kann die Zahl der Bewerber, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, begrenzen, sofern dies in der Auftragsbekanntmachung angegeben wurde und genügend geeignete Bewerber zur Verfügung stehen. Bei Bauvergaben sollen mindestens drei geeignete Bewerber zur Einreichung eines Angebots aufgefordert werden, um ausreichenden Wettbewerb zu gewährleisten.
Zulässigkeit
Die beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb ist nach aktuellen Vergabevorschriften der öffentlichen Ausschreibung gleichgestellt. Nach der VOB/A 2019 und der UVgO haben Auftraggeber die freie Wahl zwischen diesen beiden Verfahrensarten. Dies gilt allerdings nur für jene Bundesländer, die die VOB/A 2019 und/oder die UVgO eingeführt haben1.
Besonders angemessen ist dieses Verfahren in folgenden Fällen:
- Wenn die Leistung ihrer Eigenart nach nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen in geeigneter Weise ausgeführt werden kann
- Wenn außergewöhnliche Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit (z.B. Erfahrung, technische Einrichtungen oder fachkundige Arbeitskräfte) erforderlich ist
- Wenn die Bearbeitung des Angebots wegen der Eigenart der Leistung einen außergewöhnlich hohen Aufwand erfordert
Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
Verfahrensablauf
Bei einer beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb fordert der Auftraggeber ohne vorherige Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs mehrere, grundsätzlich mindestens drei Unternehmen direkt zur Abgabe eines Angebots auf. Es erfolgt keine öffentliche Auftragsbekanntmachung.
Für die Auswahl darf der Auftraggeber nur geeignete Unternehmen auffordern, bei denen keine Ausschlussgründe vorliegen. Wenn der Auftraggeber die Erfüllung der Eignungskriterien und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen eines beteiligten Unternehmens im Vorfeld nicht abschließend feststellen kann, darf er die notwendigen Nachweise und Erklärungen auch noch mit oder nach Versendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe von dem betreffenden Unternehmen verlangen.
Der Auftraggeber soll zwischen den Unternehmen, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, wechseln, um eine einseitige Bevorzugung zu vermeiden.
Zulässigkeit
Die beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb ist nur unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb festgelegter Wertgrenzen zulässig. Die Wertgrenzen sind gewerkeabhängig:
- Nicht mehr als 50.000 Euro netto für Ausbaugewerke ohne Energie- und Gebäudetechnik, Gala- und Straßenbau
- Bei Tiefbau sowie Verkehrswege- und Ingenieurbau liegt die Höchstgrenze bei 150.000 Euro netto
- Bei allen anderen Gewerken stellt 100.000 Euro netto diesen Schwellenwert dar
Diese Wertgrenzen gelten jedoch nicht, wenn eine bereits durchgeführte öffentliche Ausschreibung oder beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb kein annehmbares Ergebnis eingebracht hat oder wenn die öffentliche Ausschreibung aus anderen Gründen (z.B. Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig ist.
Möglichkeiten für potenzielle Teilnehmer bei beschränkten Ausschreibungen
Für Unternehmen, die an beschränkten Ausschreibungen teilnehmen möchten, ergeben sich unterschiedliche Zugangswege je nach Verfahrensart:
Bei beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb:
- Aufmerksames Verfolgen öffentlicher Bekanntmachungen zu Teilnahmewettbewerben
- Fristgerechte Einreichung eines vollständigen Teilnahmeantrags mit allen geforderten Nachweisen
- Nachweis der erforderlichen Eignung und Zuverlässigkeit für den ausgeschriebenen Auftrag
- Bei Auswahlbegrenzung: Besonders überzeugende Darstellung der eigenen Qualifikationen und Referenzen, um zu den ausgewählten Bietern zu gehören
Bei beschränkter Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb:
- Da hier keine öffentliche Bekanntmachung erfolgt, ist es wichtig, bei potenziellen Auftraggebern als geeignetes Unternehmen bekannt zu sein
- Aktives Netzwerken und Präsentieren der eigenen Kompetenz bei relevanten öffentlichen Auftraggebern
- Aufbau einer Reputation für Zuverlässigkeit und Qualität bei der Auftragserfüllung
- Pflege von Geschäftsbeziehungen zu öffentlichen Auftraggebern
Unterschied zur Freihändigen Vergabe
Die freihändige Vergabe (gemäß § 12 UVgO auch als Verhandlungsvergabe bezeichnet) unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der beschränkten Ausschreibung:
- Formstrenge: Die freihändige Vergabe ist das am wenigsten formstrenge Vergabeverfahren, während die beschränkte Ausschreibung strengeren formalen Regeln unterliegt.
- Verhandlungsmöglichkeit: Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass bei der freihändigen Vergabe Verhandlungen mit den Bietern möglich sind, was bei der beschränkten Ausschreibung nicht vorgesehen ist.
- Durchführungsoptionen: Wie die beschränkte Ausschreibung kann auch die freihändige Vergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden. Bei Bauvergaben sollte die Zahl der eingeladenen Bieter nicht unter drei liegen.
- EU-Schwellenwerte: Oberhalb der EU-Schwellenwerte tritt das sogenannte Verhandlungsverfahren an die Stelle der freihändigen Vergabe.
- Hierarchie der Verfahren: Im deutschen Vergaberecht besteht eine klare Hierarchie: Öffentliche Ausschreibung steht über beschränkter Ausschreibung, die wiederum über freihändiger Vergabe steht. Diese Hierarchie basiert auf dem Grundsatz, dass ein breiterer Wettbewerb grundsätzlich vorzuziehen ist.
Fazit
Die beschränkte Ausschreibung stellt ein wichtiges Instrument im Repertoire öffentlicher Auftraggeber dar, um unter bestimmten Bedingungen Vergabeverfahren effizienter zu gestalten. Mit der Gleichstellung der beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb zur öffentlichen Ausschreibung wurde die Flexibilität für Auftraggeber erhöht. Gleichzeitig bleibt die beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb an spezifische Voraussetzungen geknüpft, um den Grundsatz des Wettbewerbs zu wahren.
Für Unternehmen, die an öffentlichen Aufträgen interessiert sind, ist es wichtig, die unterschiedlichen Verfahrensarten zu kennen und die jeweils geeigneten Strategien zu verfolgen, um ihre Chancen auf Berücksichtigung bei beschränkten Ausschreibungen zu erhöhen. Der Aufbau von Beziehungen zu öffentlichen Auftraggebern und der Nachweis der eigenen Eignung und Zuverlässigkeit sind dabei wesentliche Erfolgsfaktoren.