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Ausschreibung

Eine Ausschreibung ist eine öffentliche oder beschränkte Aufforderung an Unternehmen, Angebote für die Lieferung von Waren, die Erbringung von Dienstleistungen oder die Ausführung von Bauleistungen einzureichen, um den geeignetsten Anbieter zu ermitteln.
Kategorie
Ausschreibungsverfahren
  
Enthält die unterschiedlichen Methoden und Ansätze zur Durchführung von Ausschreibungen.

Definition und Grundkonzept

Im vergaberechtlichen Sinne bezeichnet eine Ausschreibung (englisch: Expression of interest, EOI) die öffentliche oder eingeschränkte, schriftliche Aufforderung zur Abgabe verbindlicher Angebote für spezifisch benannte Lieferungen oder Leistungen. Die Bekanntmachung erfolgt traditionell in Zeitungen und Fachzeitschriften, zunehmend jedoch über spezialisierte elektronische Vergabeplattformen. Der Begriff "Submission" wird häufig synonym verwendet und beschreibt das Verfahren, in dem sich ein Anbieter (Submittent) dem Annahmewillen des Ausschreibers unterwirft.

Das zentrale Ziel des Ausschreibungsverfahrens ist es, Transparenz zu schaffen und einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Dies soll insbesondere bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis sicherstellen, Korruption verhindern und einen effizienten Umgang mit Steuergeldern gewährleisten. Besondere Bedeutung hat dieses Verfahren daher bei kostenintensiven Projekten wie Infrastrukturvorhaben oder Beschaffungen der öffentlichen Hand.

Arten von Ausschreibungen

Öffentliche Ausschreibung (Offenes Verfahren)

Bei einer öffentlichen Ausschreibung (im EU-Recht als "Offenes Verfahren" bezeichnet) werden Leistungen nach öffentlicher Aufforderung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben. Dieses Verfahren stellt im Regelfall die vorrangig anzuwendende Vergabeart dar. Es richtet sich grundsätzlich an alle interessierten Unternehmen und muss entsprechend in offiziellen Veröffentlichungsorganen bekannt gemacht werden.

Eine öffentliche Ausschreibung muss stattfinden, soweit nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Dieses einstufige Vergabeverfahren gilt für Ausschreibungen im nationalen Vergaberecht und dient dazu, einen möglichst breiten Wettbewerb zu ermöglichen.

Beschränkte Ausschreibung (Nicht offenes Verfahren)

Eine beschränkte Ausschreibung (im EU-Recht als "Nicht offenes Verfahren" bezeichnet) ist ein Vergabeverfahren, bei dem Leistungen nach Aufforderung einer begrenzten Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe vergeben werden. Diese Verfahrensart darf nur unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden, etwa wenn:

  • eine öffentliche Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis erbracht hat
  • die öffentliche Ausschreibung aus anderen Gründen (z.B. Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig erscheint
  • die Leistung aufgrund ihrer Eigenart nur von einem begrenzten Kreis von Unternehmen erbracht werden kann
  • der Aufwand einer öffentlichen Ausschreibung in einem Missverhältnis zum Wert der Leistung stehen würde

Im Baubereich gelten gemäß VOB/A spezifische Wertgrenzen für die Zulässigkeit beschränkter Ausschreibungen ohne weitere Begründung: bis zu 50.000 € für Ausbaugewerke, bis zu 150.000 € für Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau und bis zu 100.000 € für alle übrigen Gewerke.

Rechtliche Grundlagen und Ausschreibungspflicht

Öffentliche Auftraggeber wie Bund, Länder und Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, Aufträge ab bestimmten Schwellenwerten auszuschreiben. Diese Verpflichtung dient der Sicherstellung von Transparenz, Wettbewerb und Gleichbehandlung aller Bieter.

Die gesetzlichen Grundlagen finden sich im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie in den verschiedenen Vergabeordnungen: der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) und der Vergabeverordnung (VgV).

Schwellenwerte

Ein entscheidendes Kriterium für die Anwendung spezifischer Vergaberegeln sind die sogenannten Schwellenwerte. Diese bezeichnen den Nettoauftragswert, bis zu dem eine Ausschreibung dem nationalen Recht unterliegt. Bei Überschreitung dieser Werte greifen automatisch die EU-Richtlinien nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Die Schwellenwerte variieren je nach Branche und Auftragsart und werden alle zwei Jahre neu angepasst.

Für Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte gilt das nationale Vergaberecht, während oberhalb der Schwellenwerte eine EU-weite Ausschreibung nach europäischem Gemeinschaftsrecht erfolgen muss.

Bestandteile einer Ausschreibung

Eine vollständige Ausschreibung enthält typischerweise folgende Elemente:

  1. Ausschreibungsgegenstand: Die detaillierte Beschreibung der gewünschten Leistung in der Leistungsbeschreibung
  2. Vergabekriterien: Bedingungen und Maßstäbe für die Bewertung der Angebote
  3. Eignungsnachweise: Erforderliche Qualifikationen und Nachweise der Bieter
  4. Fristen: Insbesondere die Angebotsfrist, bis zu der Angebote eingereicht werden müssen
  5. Angaben zur Angebotsöffnung: Zeitpunkt und Ort der Öffnung der Angebote
  6. Informationen zur zuständigen Vergabekontrollbehörde

Alle Informationen und Änderungen müssen allen potenziellen Bietern transparent und gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden. Dies gewährleistet die Gleichbehandlung aller Teilnehmer und die Vergleichbarkeit der Angebote.

Vergabeverfahren

Das Vergabeverfahren folgt einem strukturierten Ablauf:

  1. Bekanntmachung der Ausschreibung: Öffentliche Bekanntgabe des Vorhabens
  2. Anforderungsfrist: Zeitraum, in dem Interessenten die Ausschreibungsunterlagen anfordern können
  3. Angebotsfrist: Zeitraum für die Einreichung der Angebote
  4. Angebotseröffnung (Submissionstermin): Formelle Öffnung und erste Prüfung der eingegangenen Angebote
  5. Prüfung und Wertung: Detaillierte Analyse und Bewertung der Angebote
  6. Zuschlag: Vergabe des Auftrags an den erfolgreichen Bieter
  7. Bekanntmachung über vergebene Aufträge: Information über den Ausgang des Verfahrens

Bei der Angebotseröffnung wird zunächst geprüft, welche Angebote fristgerecht und ohne formelle Fehler eingegangen sind. Nach VOL finden Angebotseröffnungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, während bei VOB-Verfahren die Bieter und ihre Vertreter zugelassen sind.

Funktionale Leistungsbeschreibung

Eine besondere Form der Ausschreibungsunterlagen ist die funktionale Leistungsbeschreibung (FLB). Hierbei beschreibt der Auftraggeber primär die Anforderungen an die Funktion der Leistung und überlässt die konkrete Ausgestaltung dem Auftragnehmer. Dieses Verfahren kommt insbesondere im Brückenbau zur Anwendung und ermöglicht es, neben der Bauausführung auch den Entwurf für die Leistung dem Wettbewerb zu unterstellen. Ziel ist es, die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechteste Lösung zu ermitteln.

Synonyme

  • Submission
  • Offerteinholung
  • Angebotsaufforderung

Verwandte Begriffe

  • Vergabe
  • Angebot
  • Leistungsbeschreibung
  • Vergaberecht
  • Submissionstermin
  • Bieter
  • Auftraggeber
  • Zuschlag

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